Im Interview: Dipl.-Ing. Cornelia ReimoserZentrale der Fraunhofer-Gesellschaft / Mitglied im HOCH-N Fachbeirat
27. September 2018, von HOCH-N
Foto: Markus Scholz/scholzfoto.de
Sehr geehrte Frau Reimoser, was sind in Ihren Augen die drei wichtigsten hochschulinternen Faktoren, damit Nachhaltigkeit an Hochschulen funktioniert?
Reimoser: Erstens eindeutige Verortung des Themas in der Hochschulleitung, zweitens Bottom-Up-Engagement, getragen durch die Studierenden unter Mitwirkung des wissenschaftlichen Mittelbaus und der Verwaltung sowie drittens eine klug ausgehandelte, inspirierende gemeinsame Vision.
Was sollten Hochschulen jetzt tun, um Antworten auf die großen globalen Herausforderungen zu finden? (Klimawandel, Migration, Ungerechtigkeit, Bevölkerungswachstum, etc.)
Reimoser: Die Hochschulen müssen für sich klären, worin ihr wesentlicher Beitrag als Bildungs- und Wissenschaftseinrichtung liegt, dazu ist schon sehr viel von wesentlichen Akteuren in diesem Bereich (u. a. Prof. Müller-Christ, Prof. Potthast, UNESCO) gesagt und getan worden. Ganz so wie im Projekt HochN vorangetrieben, sollte jede Hochschule ihren spezifischen Auftrag ableiten sowie ausführen können und dürfen, da kommt dann sehr rasch die Politik bzw. der Fördermittelgeber ins Spiel.
Was sind die Lücken, die Hochschulen in Deutschland gerade übersehen? (Mit welcher Frage sollten sich Hochschulen aktuell besonders auseinandersetzen?)
Reimoser: Hochschulen wirken vielfach: in den Regionen, Kommunen, in ihren nationalen und internationalen Netzwerken und natürlich durch die Studierenden. Sie könnten eine enorme gemeinsame Strahlkraft im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung entfalten – faktisch in jedem Bereich, der konzertiert aufgegriffen wird. Die innerwissenschaftliche Kollaboration muss kraftvoll gestärkt werden – im Bewusstsein der gemeinsamen Verantwortung.
Wenn Sie der nachhaltigen Entwicklung Deutschlands aktuell eine Schulnote (sehr gut – unbefriedigend) geben müssten – welche wäre das?
Reimoser: In zu vielen Bereichen wird nach wie vor unverantwortlich gegenüber künftigen Generationen agiert, gleichzeitig verfügen wir gerade in Deutschland über mehr Wissen denn je, was getan werden könnte, daher eine 4.
Wer sind aus Ihrer Sicht die inspirierendsten Treiber für nachhaltige Entwicklung? (Wen sollte man lesen / wem zuhören?)
Reimoser: Prof. Potthast, Prof. Grunwald, Hans Jonas, Prof. Günther Bachmann, Prof. Uwe Schneidewind, Jane Goodall
Was ist Ihr Forschungsschwerpunkt?
Reimoser: Als Forschungskoordinatorin im Vorstandsstab habe ich keine eigenen Forschungsschwerpunkte. Für mich stehen Strukturen und Prozesse im Fokus, auf Ebene der Organisation ebenso wie im (Groß)Forschungsprojekt. Wie kann der Beitrag zur Nachhaltige Entwicklung konkret gestärkt werden? Was bedeutet das für die Veränderung von FuE-Programmen, Projekten und Projektergebnissen, Forschungsfragen und -konsortien oder Forschungsstrategien und FuE-Organisationen?
Welchen Mehrwert schafft HOCHN für die eigene Forschungsarbeit?
Reimoser: Hochinteressant ist für mich der kollaborative Arbeitsmodus, aber natürlich auch die vielen unterschiedlichen Ansätze und Zugänge in den beteiligten Hochschulen – das alles ist sehr inspirierend, gerade weil Fraunhofer als dezentrale Organisation vor ähnlichen Herausforderungen steht und immer wieder neue Wege probieren muss.
Was ist aus Ihrer persönlichen Sicht der größte Erfolg in Sachen nachhaltiger Entwicklung mit heutigem Blick?
Reimoser: Der größte Erfolg in Sachen Nachhaltige Entwicklung ist, dass das normative Leitbild im gesellschaftspolitischen Umfeld relativ unstrittig Bestand hat und dass Nachhaltigkeit noch immer Menschen über alle Altersgruppen hinweg und mit verschiedensten kulturellen Hintergründen begeistert. Nachhaltigkeit bleibt dadurch auf der Agenda - damit dürfen wir uns nicht zufriedengeben, in vielen Bereichen stehen wir immer noch am Anfang. Ich selber bin nur ein kleines Licht: dort, wo ich beruflich oder privat Einfluss nehmen kann, möchte ich das Thema in die Breite tragen, professionalisieren, konkretisieren, um die Beliebigkeit zu nehmen, aber auch entzaubern: es birgt Konflikte und benötigt Ressourcen.
Vielen Dank.
Weiterführendes Infos:
https://www.nachhaltig-forschen.de/handlungsfelder/organisationsfuehrung/integrative-strategieplanung/
https://www.fraunhofer.de/de/ueber-fraunhofer/corporate-responsibility/nachhaltigkeitsbericht-2015.html
http://download.e-bookshelf.de/download/0007/7330/38/L-G-0007733038-0014000099.pdf
http://publica.fraunhofer.de/eprints/urn_nbn_de_0011-n-4741161.pdf